Vier Fragen an Fanja Raum

TGR: Fanja, du bist Saxophonistin und Lehrerin für Alexander-Technik. Wie beeinflusst dein Hintergrund als Musikerin deine Arbeit mit der Alexander-Technik, und andersrum, wie beeinflusst deine Arbeit als Alexander-Lehrerin deine Arbeit als Musikerin?
 
FR: Für mich ist die Alexander-Technik so etwas wie eine gute Grundlage für meine Tätigkeit als Musikerin. Ich kann durch sie eine gute Ausgangsbasis schaffen mit meinem Körper anatomisch und mental gut umzugehen. Wenn ich die Methode beim Spielen anwende, weiß ich, dass ich mir beim Üben nicht schade. Als Belohnung bekomme ich dazu einen schönen fließenden Klang, eine bessere Intonation, technisch anspruchsvolle Stellen gelingen besser, musikalischer Ausdruck entsteht dabei ganz natürlich, wie von selbst und dazu habe ich eine Menge Spaß. Dies möchte ich auch meinen Instrumental-SchülerInnen vermitteln.


Andersrum lässt die Alexander-Technik sich generell mit allen Tätigkeiten des täglichen Lebens verbinden und anwenden. Aber durch meine Erfahrungen als Musikerin und der Arbeit mit MusikerInnen habe ich bereits eine Vorstellung von Problemen und Fragestellungen, die bei darstellenden KünstlerInnen auftreten können.


Der eigene Körper ist für den/die MusikerIn neben dem Instrument das wichtigste Werkzeug. Wenn seine Funktion beeinträchtigt ist, dann hat das Auswirkungen auf die Musik und auf das Wohlbefinden des/der Musikers/Musikerin. Das bedingt sich natürlich gegenseitig und wird zum Teufelskreis.


Ein Beispiel: Wenn die Bewegungen eines Musikers durch Verspannungen gestört werden, kann der Ton nicht fließen, er wackelt beispielsweise, oder ist dünn etc. Das verunsichert den Spieler. Er versucht den Ton zu verbessern und strengt sich noch mehr an - die Anspannung erhöht sich. Durch die Verunsicherung ist er von den Noten abgelenkt, er verspielt sich - die Nervosität steigt und die Anspannung erhöht sich. Er beginnt zu schwitzen und der Herzschlag erhöht sich. Er spielt immer schneller und befürchtet abzurutschen - die Anspannung erhöht sich abermals. Er ärgert sich über sich selbst - wieder erhöht sich die Anspannung, und so weiter.


Diese, oder ähnliche Szenarien kennen viele MusikerInnen und andere darstellenden KünstlerInnen. Für die erfolgreiche Ausübung ihres Berufes ist es essentiell zu lernen damit umzugehen. Mit den Mitteln der Alexander-Technik kann jeder Mensch diesen Teufelskreis erfolgreich durchbrechen.
 
TGR: Was kann jemand erwarten, der noch nie an einem Alexander-Technik-Kurs teilgenommen hat, wenn er an Ihrem Kurs teilnimmt?

FR: Erwarten kann er: Neue Erfahrungen, gemeinsame Diskussionen, Hinterfragen von Gewohnheiten, neue Erkenntnisse z.B. durch anatomisches Wissen, Vergleichen, Beobachten, Erleben und vieles mehr. Ich gebe den TeilnehmerInnen die Werkzeuge der Alexander-Technik an die Hand, mit denen sie selbst forschen und experimentieren können. Ich unterstütze diesen Prozess mit meinen Händen, in dem ich ungewohnte Richtungen zeige, Vorschläge mache, neue Erfahrungen ermögliche. Mein Hauptanliegen ist dabei immer, dass die TeilnehmerInnen lernen, die Mittel der Alexander-Technik eigenständig und ohne Hilfe anwenden zu können und so Werkzeuge für das ganze Leben und für jede Situation erhalten.
 
TGR: Was hat dich zur Alexander-Technik bewegt?

FR: In meiner Familie wurde immer schon viel Musik gemacht. Auf jedem Fest wurden die Instrumente ausgepackt und alle erdenklichen Ensembles gegründet, von Gipsy-Band bis Streichquartett. Auch die verrücktesten Mischungen kamen dadurch zustande - wer eben grade abkömmlich war. Das prägt natürlich. Und so habe ich schon mit 5 Jahren gewusst, dass ich Musikerin werden will. Und das ist auch so geblieben.
 
Ich habe mit Klavier begonnen, habe dann aber Probleme mit meiner Schulter und den Handgelenken bekommen und musste immer wieder pausieren. In der Pubertät begann ich mich dann für Jazz-Musik zu interessieren und begann mit dem Saxophon. Gleichzeitig begann ich mich auch für Komposition zu interessieren und nahm Unterricht. Erst als ich nach dem Abitur ein Jahr gereist bin, entschied ich, mich für eine Saxophon Aufnahmeprüfung vorzubereiten. Da hat es mich dann richtig gepackt. Im Studium holte mich dann aber mein wiederkehrendes Problem mit Schultern und Handgelenken ein und ich zweifelte zum ersten Mal daran Musikerin werden zu können. Dann lernte ich die Alexander-Technik kennen, die später auch an meiner Hochschule angeboten wurde. Mit der Zeit lernte ich mich beim Musikmachen anders und lockerer zu gebrauchen und effektiver zu üben. Dadurch verschwanden tatsächlich alle meine Probleme – was ich nie für möglich gehalten hatte. Wunderbarerweise hatte das zusätzlich noch eine unheimlich positive Auswirkung auf meinen Klang, meine Auftrittsangst und auf den Spaß am Musikmachen. Heute kann ich fast sagen, bin ich dankbar, dass mich meine Probleme auf diesen Weg geführt haben.
 
TGR: Was ist das Besondere an der Alexander Technik?
 
Für mich ist die Alexander-Technik logisch, absolut nachvollziehbar und verständlich. Ich muss an nichts „glauben“. Es ist alles anatomisch erklärbar. Außerdem brauche ich mir keine Extra-Zeit für Übungen nehmen. Ich nutze es als ein Werkzeug, dass ich jederzeit in meinem Alltag und im Beruf anwenden kann. In der Arbeit mit dem/der LehrerIn lernt man an konkreten Tätigkeiten, wie man diese mit weniger Anspannung und effizienter ausführen kann.
Seitdem fühle ich mich meinen Problemen nicht mehr ausgeliefert, sondern habe nun das Handwerkszeug, mir selbst zu helfen. Das habe ich mir immer gewünscht und finde es unglaublich wertvoll

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Nina Patricia Hänel: über Ihre Arbeit